Aktuelles aus der Gemeindepolitik
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05.02.2021
Standpunkt der Bürgerliste Ortsteile (BLO) zur Aufhebung der Straßenbeitragssatzung
Die Gemeindevertretung Allendorf hat in ihrer 35. Sitzung am 29.09.2020 einstimmig beschlossen, die bis zu diesem Zeitpunkt bestehende Straßenbeitragssatzung für die Zukunft außer Kraft zu setzen. Nicht nur die Mitglieder der BLO-Fraktion, sondern alle anderen Gemeindevertreter, also auch die von CDU und SPD haben für diesen Beschlussvorschlag gestimmt.
Dem Beispiel der Allendorfer Gemeindevertretung sind inzwischen noch weitere Städte und Gemeinden im Landkreis Waldeck-Frankenberg gefolgt. Auch unsere Nachbarkommune Battenberg denkt mittlerweile über eine Abschaffung der Straßenbeiträge nach.
Die Abschaffung der Straßenbeitragssatzung wurde seit rund eineinhalb Jahren in den Gremien der Gemeinde Allendorf mit unterschiedlichen Auffassungen diskutiert und entschieden. Der jetzt einstimmig gefasste Beschluss ist unter Abwägung aller Vor- und Nachteile nicht nur für die beitragspflichtigen Grundstückseigentümer, sondern auch für die Gemeinde aufgrund einer einstimmigen Empfehlung des Haupt- und Finanzausschusses getroffen worden.
Der Vorschlag, den die SPD – Fraktion schon von eineinhalb Jahren eingebracht hatte, die Straßenbeitragssatzung rückwirkend für einen Zeitraum von fünf Jahren aufzuheben, fand bei der überwiegenden Zahl der Gemeindevertreter keine Zustimmung. Die Behauptung, dass nur die BLO-Fraktion dies nicht gewollt bzw. es ausdrücklich gewünscht habe, wie in einem Leserbrief „Gute Entscheidung schlecht umgesetzt“, trifft daher nicht zu.
Die BLO hat sich vor eineinhalb Jahren gegen den SPD-Antrag entschieden und damit die von der SPD-Fraktion beantragte rückwirkend Abschaffung der Straßenbeiträge abgelehnt, weil zum einen die Grundsteuerreform abgewartet werden sollte und zum anderen eine willkürlich festgelegte rückwirkende Abschaffung der Straßenbeiträge für die BLO grundsätzlich nicht in Frage kam. Die Grundsteuerreform wurde verschoben und es wurde nun Zeit, Klarheit bzw. Rechtssicherheit zu schaffen.
Wir von BLO sind und waren immer dagegen, bereits festgesetzte und vereinnahmte Straßenbeiträge zu erstatten, zumal die Erstattung aufgrund des festgelegten Zeitraums nur einen kleinen bestimmbaren Personenkreis begünstigen würde. Was ist mit all denjenigen, die in den vergangenen Jahren, also vor 2016 Straßenbeiträge bezahlt haben? Soll die Gemeinde auch denen die gezahlten Beiträge erstatten? Welche Entscheidung ist also die beste oder die gerechteste?
Beschlüsse der Gemeindevertretung sollten unserer Auffassung nach nicht nur für einen bestimmten Bevölkerungsteil „gerecht“ sein, sondern auch den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz wahren. Es ist eben nicht gerecht, wenn nur eine zeitlich befristete Rückerstattung beschlossen wird, die dann nur diejenigen im beschlossenen Zeitfenster berücksichtigt und alle anderen vor dem Zeitpunkt außen vor lässt.
Hier wird unserer Meinung nach der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gewahrt. Nach unserem Gerechtigkeitsempfinden kann es im Beitragsrecht daher immer nur eine für die Zukunft wirkende Entscheidung geben. Nur einen besonderen Personenkreis zu begünstigen, entspricht nicht unserer politischen Auffassung für alle Bürgerinnen und Bürger gerechte und nachvollziehbare Entscheidungen zu treffen, zumal, wie bereits erwähnt, eine befristete Rückwirkung den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht wahrt, sondern sogar verletzt.
Nur für die Zukunft auf Straßenbeiträge zu verzichten, ist eine von allen Fraktionen der Gemeindevertretung gemeinsam getroffene Entscheidung, die, so finden wir, für alle als gerecht und nachvollziehbar empfunden werden kann. Mit der Abschaffung werden künftig alle Straßenunterhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen aus allgemeinen Steuermitteln – somit von allen Steuerzahlern – getragen. Die in der Vergangenheit sehr oft von den Bürgerinnen und Bürgern empfundene Ungleichbehandlung bei der Festsetzung von Straßenbeiträgen fällt jetzt weg.
Dass sich jetzt einzelne Beitragszahler aufgrund des Zeitpunkts und der Umsetzungsmodalitäten benachteiligt fühlen, können wir nachvollziehen. Wir bitten aber auch um Verständnis, dass nach Abwägung aller besonderen Umstände, nicht das Wohl einzelner, sondern das Gemeinwohl aller im Vordergrund stehen muss und es daher aus unserer Sicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt, wenn überhaupt eine Abschaffung der Straßenbeiträge möglich ist, dies nur für die Zukunft geben kann.
Mit unserer Auffassung stehen wir nicht alleine da. Aus die Kreis- und Hansestadt Korbach hat bei ihrer Entscheidung, die Straßenbeiträge abzuschaffen, eine Rückwirkung ausgeschlossen.
Nachdem das Land als Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet hatte, auf die Straßenbeitragssatzung zu verzichten hatte die Limburger Stadtverordnetenversammlung im März 2017 beschlossen, die Straßenbeitragssatzung rückwirkend aufzuheben. Dagegen hat der SPD-Bürgermeister der Stadt Limburg geklagt und vor dem Verwaltungsgericht Recht bekommen. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat die Klage der Stadtverordnetenversammlung gegen Bürgermeister Marius Hahn (SPD) in erster Instanz abgewiesen: Die Stadt darf die zwischen 2007 und 2017 erhobenen Straßenbeiträge in Höhe von rund 2,0 Mio. € nicht zurückzahlen.
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